Chemische Formel Cystin

Cystinurie: Eine seltene Ursache für Nierensteine

18.7.2023

Cystinurie: Was ist das eigentlich?


Der Begriff „Cystinurie“ setzt sich aus „Cystin“, was eine Aminosäure beschreibt, und „Urie“ zusammen, was so viel bedeutet wie „Ausscheidung mit dem Harn“. Zusammengesetzt wird hier also die Ausscheidung von Cystin mit dem Harn beschrieben. Global ist einer von 7.000 Menschen betroffen. Die Cystinurie ist damit eine seltene genetisch vererbte Erkrankung, die sich häufig schon im Kindesalter bemerkbar macht.1 Ursache für die großen Mengen von Cystin im Harn ist eine Resorptionsstörung der Nierentubuli.
Die Niere hat die Aufgabe unser Blut zu filtern. Hierbei entsteht der Primärharn, welcher etwa eine Menge von 170 Liter pro Tag ausmacht. Dieser fließt durch die sogenannten Nierentubuli und wird hier noch einmal modifiziert. Der Großteil des Wassers wird resorbiert - also wiederaufgenommen -, während Abfallstoffe des Körpers ausgeschieden werden. Neben dem Wasser werden auch andere, für den Körper wichtige, Stoffe wieder resorbiert. Hierzu zählen unter anderem auch Aminosäuren wie Cystin. Genau dieser Prozess ist bei der Cystinurie gestört. Zusätzlich ist bei dieser Erkrankung auch die Resorption von den Aminosäuren Ornithin, Arginin und Lysin unzureichend.
Aminosäuren sind der Grundbaustein von Proteinen. Proteine haben vielfältige Aufgaben in unserem Körper und sind an nahezu jedem Prozess beteiligt. Cystin findet sich vorwiegend in Zellen der Immunabwehr, sowie in Haut und Haaren.



Wie macht sich eine Cystinurie bemerkbar?



Die häufigste Komplikation der Cystinurie ist die frühzeitige Bildung von Cystinsteinen. Die Ursache hierfür ist, dass Cystin sich im Harn nicht löst und es durch die übermäßige Menge zur Auskristallisation und somit zur Bildung von Steinen kommt.2 Hierbei machen Cystinsteine aber mit 1-2% nur einen geringen Anteil der Nierensteine aus.3 Weitaus häufiger setzen sich die Steine aus Calciumoxalat zusammen, welches bei erhöhten Calciumspiegeln im Blut oder einem Mangel an Gallensäuren anfällt.4
Nierensteine verursachen häufig ersteinmal keine Beschwerden, sondern erst dann, wenn sie durch die ableitenden Harnwege, also durch den Harnleiter, weiter nach unten zur Harnblase wandern. Das liegt daran, dass der Weg hier enger ist, sie sich festsetzen und zu einem Aufstau des Harns führen können.
Harnsteine äußern sich meist durch starke kolikartige - also wellenförmige - Schmerzen in den Flanken, welche auch in die Leisten oder in die äußeren Genitale ausstrahlen können. Begleitend können Übelkeit und Erbrechen auftreten. In einigen Fällen macht sich auch eine Hämaturie, also Blut im Urin, bemerkbar.5
Man könnte sich jetzt fragen, ob es einen Unterschied macht, um welche Art von Harnsteine es sich handelt. Hier haben Studien herausgefunden, dass das Risiko für einen Nierenschaden oder chronische Niereninsuffizienz vor allem im Vergleich zu Calciumoxalatsteinen erhöht ist. Dies liegt daran, dass verhältnismäßig große Steine schon im jungen Alter gehäuft auftreten und mit häufigeren urologischen Eingriffen einhergehen.3
Zur Bestätigung der Diagnose einer Urolithiasis wird in erster Linie eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und der ableitenden Harnwege durchgeführt. Wenn nötig können ebenfalls Röntgen, CT oder MRT vorgenommen werden. Um jetzt noch zu unterscheiden, um welche Art von Harnstein es sich handelt, wird der Urin untersucht. Hier können im Labor anhand von Kristallen im Urinsediment - dieses entsteht durch Zentrifugation des Urins - Rückschlüsse auf die Steinart gezogen werden. Des Weiteren kann ein Urin-pH-Tagesprofil bestimmt werden. Hierbei werden zum einen die Urinmenge und seine Dichte bestimmt, zum anderen den Gehalt an Cystin und Kreatinin. Kreatinin ist ein wichtiger Laborparameter, der in der Urologie zur Einschätzung der Nierenfunktion dient.4



Wie wird die Cystinurie behandelt?

Für die Patienten ist es bei der Behandlung der Cystinurie besonders wichtig ausreichend zu trinken. Angestrebt wird hierbei eine Urinmenge von mindestens 3,5 Liter pro Tag. Auch medikamentös ist einiges möglich. In den meisten Fällen werden Medikamente eingesetzt, die den Urin alkalischer machen, da sich Cystin in alkalischen Milieu deutlich besser löst als in einem sauren. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, gibt es weiterhin Arzneimittel, die das Cystinmolekül spalten und sich dann daran binden, um die Ausscheidung zu unterstützen. Diese Maßnahmen sind vorwiegend prophylaktisch, um die Bildung von Harnsteinen von vornerein zu verhindern. Kommt es dennoch zur Ausbildung von Harnsteinen, können die Harnsteine operativ entfernt werden.4 Derzeit werden jedoch neue Medikamente erprobt, die spezifisch auf den genetischen Defekt dieser Erkrankung abzielen sollen. Diese moderne Form der Therapie erfährt in den letzten Jahren große Fortschritte und hat sich vor allem im Bereich der Tumortherapie bereits bewährt.1

Fazit

Zusammmenfassend kann man also festhalten: Die Cystinurie ist zwar eine seltene Erkrankung, bedarf aber einer eindeutigen Diagnose. Mit entsprechender prophylaktischer Therapie, lässt sich das Risiko für Harnsteine oder Nierenversagen minmieren.

Quellen

1 Peek, Jennifer L., und Matthew H. Wilson. „Gene therapy for kidney disease: targeting cystinuria“. Current opinion in nephrology and hypertension 31, Nr. 2 (1. März 2022): 175–79. https://doi.org/10.1097/MNH.0000000000000768.

2 Servais, Aude, Kay Thomas, Luca Dello Strologo, John A. Sayer, Soumeya Bekri, Aurelia Bertholet-Thomas, Matthew Bultitude, u. a. „Cystinuria: Clinical Practice Recommendation“. Kidney International 99, Nr. 1 (Januar 2021): 48–58. https://doi.org/10.1016/j.kint.2020.06.035.

3 Leslie, Stephen W., Hussain Sajjad, und Lama Nazzal. „Cystinuria“. In StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing, 2023. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK470527/.

4 https://register.awmf.org/assets/guidelines/043-025l_S2k_Diagnostik_Therapie_Metaphylaxe_Urolithiasis_2019-07_1.pdf

5 Mayans, Laura. „Nephrolithiasis“. Primary Care 46, Nr. 2 (Juni 2019): 203–12. https://doi.org/10.1016/j.pop.2019.02.001.

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